Im Frauenhaus

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Viele der Frauen, die ins Frauenhaus nach Hanau oder Wächtersbach kommen, bringen ihre Kinder mit. Eines von ihnen ist die 17-jährige Anika (Name geändert), die seit einem Jahr mit ihrer Mutter und zwei jüngeren Geschwistern im Frauenhaus lebt. Die junge Frau hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund der häuslichen Situation mit ihrem drogenabhängigen Vater sehr um die Familie gekümmert und auch Verantwortung übernommen – auch für den Vater. Dieser sei unberechenbar gewesen, vor allem, wenn er gerade keine Drogen hatte.

Es fing mit Alkohol an, später waren es Kokain und Heroin. Dieser durch die Drogensucht gezeichnete Vater sei furchteinflößend und fremd für die Kinder. Aber da sei noch dieser andere, liebe und nette Vater gewesen, dem sie helfen wollte, von der Drogensucht wegzukommen. Also telefonierte die Tochter immer wieder, um einen Platz in einer Entzugsklinik für ihn zu finden und er versuchte ein paar Mal, von den Drogen wegzukommen, jedoch ohne Erfolg. Die Mutter sei durch den gewalttätigen Partner eingeschüchtert gewesen. Obwohl die Eheleute längst räumlich getrennt waren, tauchte der Vater eines Nachts an der Wohnung auf, er brauchte dringend Geld, um sich Drogen zu beschaffen. Dabei geriet er so außer sich, dass er anfing, das Mobiliar zu zertrümmern und er drohte auch Frau und Kindern. Vor dem Eintreffen der Polizei flüchtete er dann durch einen Sprung aus dem Fenster.

Für die Familienhelferinnen stand nach diesem Vorfall fest, dass die Familie so schnell wie möglich einen sicheren Ort braucht. Ein paar Tage später zog die Mutter mit ihren Kindern ins Frauenhaus. Erst jetzt, Monate später, kann die 17-Jährige sich in Ruhe Gedanken darüber achen, was sie selbst mit ihrem Leben anfangen will. Weil sie sich jetzt nicht mehr um ihren Vater kümmern muss und keine unmittelbare Angst mehr um ihre Mutter und ihre Geschwister hat. „Natürlich machen wir uns weiterhin Gedanken darüber, wie es unserem Vater geht, ob er genug zu essen hat und ob er es warm und trocken hat. Wir hatten seit dieser schlimmen Nacht keinen Kontakt mehr zu ihm“, sagt die 17-Jährige. Für sie und ihre Familie ist das im Moment die beste Lösung.

Es sind Menschen wie Annika, die im Frauenhaus wieder lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, um ein Leben abseits von Gewalterfahrungen zu führen.